Ich freue mich, dass du da bist!
Weisheit - Mut - Kraft - Mitgefühl

Verzeichnis:

  1. Karma oder was?
  2. Ein Jahr(?) Togo - 2010 - Auszüge aus meinem Blog

1. Karma oder was?

Schon immer - jedenfalls solange ich mich erinnern kann - hatte ich an meiner damaligen Religion gezweifelt. Ich war katholisch.

Auch mit dem Buddhismus hatte ich mich schon befasst, allerdings nur mit dem „normalen“ Buddhismus, von dem ich schon in der Schule gehört hatte. Der kam meinen Vorstellungen zwar schon näher, war aber auch nichts, mit dem ich mich zu 100% hätte identifizieren können.

2011 kam dann Uschi in mein Leben und heute weiß ich: An diesem Tag schlug mein Leben eine andere Richtung ein, was mir nicht wirklich von vornherein klar war, denn Uschi kam als die neue Teamleiterin in unsere Abteilung, obwohl ich gehofft hatte, dass ich diesen Posten übernehmen würde. „Freund oder Feind“, das war hier wohl zunächst die Frage…
Aber dann erzählte Uschi mir vom Nichiren-Buddhismus, von dem ich bis dahin nie gehört hatte. Es klang tatsächlich von Anfang an sehr interessant, jedoch befürchtete ich, es könnte sich um eine dieser Sekten handeln, die einem nur eine Gehirnwäsche verpassen und das Geld aus der Tasche ziehen wollen.
Immer wieder kamen wir auf den Nichiren-Buddhismus und die Soka Gakkai zu sprechen und parallel las ich sehr viel darüber, obwohl ich Lesen im Allgemeinen
vermeide wo es geht und Bücher bei mir meist nur zur Dekoration im Regal stehen. Aber selbst das Buch „Der Buddha, Geoff und ich“, das Uschi mir zum besseren Verständnis geschenkt hatte, musste ich quasi verschlingen.
Schließlich war ich so interessiert, dass ich auf Uschis Einladung hin zu einer dieser Gästeversammlungen ging, die nicht etwa in einem Tempel stattfand, sondern in Katjas Wohnzimmer. Schon als sich die Wohnungstür öffnete und man mich freundlichst begrüßte, hörte ich dieses rhythmische Chanten und ich überlegte kurz, ob ich nicht doch die Flucht ergreifen sollte. Aber zu spät, ich saß schon auf dem Sofa, ganz bequem und fühlte mich von allen beobachtet. Man drückte mir „Die Liturgie des Buddhismus Nichiren Daishonins“ in die Hand, eins dieser Exemplare mit integrierter deutscher Übersetzung. So konnte ich während des scheinbar unermüdlichen Chantens der anderen bereits feststellen, dass in diesem Text interessante Parallelen zum Neuen Testament verborgen sind. Mir war natürlich klar, dass der Buddhismus älter als das Christentum ist, was einen weiteren Pluspunkt auf meiner Für-und-Wider-Liste verdiente.

Bei meinen Recherchen in den sogenannten neuen Medien bin ich auf nicht minder interessante neue wissenschaftliche Erkenntnisse gestoßen, nach denen die Quantenphysik immer mehr zu der Überzeugung gelangt, dass sich auch zwischen den kleinsten Atomen noch etwas befindet, das alles verbindet. Und auch im Buddhismus heißt es, dass alles mit allem verbunden ist. An dieser Stelle möchte ich unser leider kürzlich verstorbenes Mitglied Yoshi Matsuno zitieren: „Alles hängt mit Allem zusammen – Ich bin Du und Du bist Ich!“

Die Zusammenarbeit mit Uschi im Büro stellte sich als äußerst angenehm heraus, leider verließ sie nach zwei Jahren die Firma, bei der es eigentlich niemand sehr lange aushielt. Nur ICH sah dort alles als eine große Herausforderung an und wollte mich mit viel Engagement und Willensstärke nach oben kämpfen, trat aber gefühlt seit Jahren auf der Stelle. Zum neuen Jahr 2014 fasste einen schließlich einen Entschluss: Ich wollte den Gohonzon empfangen! Und so trat ich am 4. Januar der SGI-Deutschland bei und empfing am 9. Februar in Bingen den Gohonzon. Uschi sei Dank!

Ich wollte, dass sich etwas in meinem Leben ändert, denn nicht nur beruflich schien sich nichts zu bewegen, auch privat war es alles andere als einfach. Es MUSSTE sich also was ändern! Und so chantete ich mehr oder weniger regelmäßig, zwar kurz aber von tiefstem Herzen.
Beim Chanten stelle ich mir vor, dass ich mich mit dem ganzen Universum verbinde und „aktiviere“ nicht nur die Buddhaschaft in mir selbst, sondern auch in allen anderen Menschen, besonders bei denjenigen, welche mir oder meiner Familie nicht so wohl gesonnen sind. Denn die Buddhaschaft, das Göttliche, steckt in jedem Menschen – mal mehr oder weniger verborgen.

Im März 2015 wurde mir ein neuer Kollege an die Seite gesetzt, ich sollte ihn einarbeiten. Er hätte mein Sohn sein können und zu allem Überfluss war er nebenbei Jäger, während ich mich als Möchte-gern-Veganerin versuchte. Irgendwie fühle ich mich immer als „der Buddha vom Dienst“ und versuche mit ruhigem Gemüt alle Herausforderungen anzunehmen. Ganz nach dem Motto „Gift in Medizin“ verwandeln.
Alex stellte sich schließlich als ein sehr netter engagierter Kollege heraus und trotz oder gerade wegen unserer gegensätzlichen Ansichten ergänzten wir uns im Miteinander sehr gut. Ich würde sogar heute behaupten, dass wir Freunde geworden sind.

Nun, welche Rolle spielt Alex in meinem Karma? "Positive Ursachen setzen" ist das Stichwort, wenn man sein Karma verändern möchte: Er kam eines Morgens mit einem Zeitungsausschnitt zu mir. Die Berufsfachschule suchte noch Kursteilnehmer für eine zweijährige Ausbildung zum Betriebsfachwirt.
Heyyy, dachte ich, genau so etwas hatte ich schon länger gesucht und die Hoffnung schon aufgegeben. Eine Aus- oder Weiterbildung, die ich neben dem Vollzeit-Job machen konnte. Denn seit meinem Wiedereinstieg ins Berufsleben, verlief mein Werdegang sehr chaotisch und unstrukturiert. Nichts, worauf man eine weitere Karriere hätte aufbauen können. Ich bat Alex um einen Tag Bedenkzeit und chantete abends für eine weise Entscheidung. Im Endergebnis meldeten wir uns tatsächlich am nächsten Tag an, fuhren während der Ausbildung nach Feierabend gemeinsam zur Schule und motivierten uns gegenseitig, wenn sich einmal die Unlust ausbreitet. Alex sei Dank!

Ihm habe ich es also zu verdanken, dass ich in diese Klasse gekommen bin, in die auch Sonja ging. Sie arbeitete sozusagen in meiner "Wunsch-Firma"! Ich erzählte ihr, dass ich mich dort längst schon bewerben wollte, aber man dort meist nach einem Studium verlangte, das ich nicht vorweisen kann. Sonja erklärte mir jedoch, dass man auch immer mal wieder auf der Suche nach Mitarbeitern mit kaufmännischer Ausbildung sei und machte mir Mut, mich einfach mal initiativ zu bewerben, denn ich als gelernte Bankkauffrau mit Auslandserfahrungen und der aktuell angestrebten Ausbildung hätte sicher gute Chancen.
Gesagt, getan – die Initiativbewerbung habe ich am gleichen Abend noch abgesendet und schon nach kurzer Zeit erhielt ich einen Anruf. Der zuständige Referatsleiter himself rief mich an, um mir von einer freien Stelle zu berichten und abzuklären, ob das etwas für mich wäre. Ich wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen, für das ich eine fachspezifische Aufgabe vorbereiten und darüber referieren sollte. Ich war soooo aufgeregt, da mir bei mündlichen Prüfungen immer das Herz in die Hose rutscht. Ich hatte mich aber gut vorbereitet und abends vorher für meine Verhältnisse lange gechantet. Und ist es nicht unglaublich? Zwei Mitbewerber waren vorab bereits ausgeschieden und man hatte sogar auf das geplante Referat verzichtet. Ich musste nur durch den üblichen psychologischen Test und einige andere Fragen beantworten.
Kurze Zeit später rief mich der nette Referatsleiter erneut an, um mir schon mal eine inoffizielle Zusage zu geben, damit ich ein entspanntes Wochenende verbringen könne.
Es ist unmöglich zu beschreiben, was in diesem Moment in mir vorging. Ich hätte die Welt umarmen können… Sonja sei Dank!

Nach dem Abschluss als Betriebsfachwirtin konnte ich mich innerhalb unseres Referates schon zweimal erfolgreich auf höhere Stellen bewerben und man sagt mir nach, mit meiner freundlichen Entspanntheit eine besondere Ruhe unter die KollegInnen zu bringen. Auch im engeren und weiteren Familienkreis läuft alles viel besser als früher.

Seit ich den Nichiren-Buddhismus praktiziere, kann ich mit Herausforderungen und Meinungsdifferenzen ganz anders umgehen und das Chanten vor dem Gohonzon hilft mir, auch die Sichtweise der Anderen zu verstehen und das Wesentliche besser zu erkennen. Gohonzon sei Dank!

2. Ein Jahr(?) Togo - 2010 - Auszüge aus meinem Blog

Anderthalb Wochen noch, dann ist es soweit:  Ein Jahr lang in Togo...
Jeden Tag überlege ich, was ich noch alles organisieren, kaufen, vorbereiten muss. Und wie viel passt in 2 Koffer + Handgepäck?
Mein Saxophon muss schon mal hierbleiben oder ich lasse es später mit dem Container nachkommen. Mal sehen... Aber all die anderen Sachen? Neben den üblichen
Klamotten, die man so mit in Urlaub nimmt glaube ich auch viele andere Sachen mitnehmen zu müssen, die man in Togo nicht oder nur zu unnormal hohen Preisen bekommt (ich muss mit 5 €/Tag auskommen!): Geschenke für den Karba-Familienzuwachs, Wasserfilter, scharfe
Messer, Haarfarbe, Wein von der Ahr... die Liste ist noch lang! hmmm
Nächste Woche werde ich so langsam anfangen, einen Koffer-Plan zu erstellen....was nicht passt wird passend gemacht!  :o)

Naja, ich habe ganz vergessen zu erzählen, was ich da eigentlich machen werde, also:
Ich werde dort als "Mädchen für Alles" für einen Togohilfe-Verein arbeiten. Als Assistentin des Repräsentanten, Sekretärin (übersetzen deutsch/französisch), Betreuerin
der Patenkinder und in der Organisation von Brunnenbau/medizinischer Hilfslieferungen.
Außerdem helfe ich bei Gruppenreisen mit. Ich denke, es wird nicht langweilig werden, eine spannende Sache finde ich. Auf jeden Fall freue ich mich schon sehr!  :o)  

Angekommen

So, da bin ich also - gut angekommen und mit der französischen Tastatur kämpfend grrrr...
Gott sei Dank - ist alles gutgegangen und das Flugzeug der Air France ist keine 50 m vor dem Flughafengebäude stehen geblieben. Aber um internationalen Standards
Genüge zu tun, mussten wir den neuerdings eingeführten Bustransfer nutzen. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen! ;o)
Mein Chef hat mich zum Glück aus der Schlange von Menschen "gerettet", die auf die langwierige Prozedur der Pass- und Visakontrolle wartete.
Nachdem ich sogar alle mein Koffer zwischen der Menschenmenge an der Gepäckausgabe ergattern konnte stürmte ich erst mal auf meinen Schatz und seine Schwester zu, die schon ca. 1 Std. warteten. Im Nu verstauten sie das Gepäck im Wagen und ich atmete nach zwei Jahren wieder Loméer Luft, die eine Mixtur aus Werkstatt-, Küchen- und manchmal Toilettendüften darstellt. Der Straßenstaub ließ sich auf meiner verschwitzten Haut nieder und ich eilte nur noch einer Dusche entgegen...   :o)

Mit Urinbeutel unterwegs

Gestern brachten wir einen über 70 jährigen Onkel zur Registrierung der Rentenempfänger. Man erklärte mir, dass dies erforderlich sei, damit er weiter seine Rentenzahlungen erhalten kann. Und das, obwohl er ein akutes Prostataleiden hat und seit 2 Tagen mit einem Urinbeutel herumlaufen muss, sofern er das überhaupt kann. Der Mann hat sich in Zeitlupe bewegt und unter Schmerzen im Wagen Platz genommen. Seine Familie besitzt nur ein Moped, auf dem er unter diesen Umständen unmöglich fahren kann, also war er gezwungen, jemanden um Hilfe zu bitten. Zum Glück konnte er im Auto sitzen bleiben, wo er ca. 4 Std. warten musste bis schließlich aufgrund von Beziehungen ein Polizist kam, um sein Gesicht mit dem Ausweis zu vergleichen, damit auch alles korrekt ist…
Später habe ich meinen zukünftigen Arbeitsplatz und mein Zimmer besichtigt. Es gibt alles, was man so braucht, sogar einen windbelüfteten schönen Balkon. Die Kollegen, von denen ich vier kennenlernte scheinen auch sehr nett zu sein. Man stellte mich als die Assistentin
des Chefs vor!  ;o)

Erster Arbeitstag

Heute war mein erster Arbeitstag hier im Büro. Es war zwar sehr warm, aber alle sind total nett und man duzt sich vom Lagerarbeiter bis zum Chef... Ich habe auch Internet, nur bricht die Verbindung manchmal ab oder der Strom fällt gleich ganz aus. Dann ist es gut, wenn man regelmäßig Sicherheitskopien macht.
Angekommen im neuen Zimmer bin ich schon gestern Abend. Ich verfüge über einen leistungsfähigen Ventilator, einen Kühlschrank, einen Herd, fließendes Wasser (kalt) und eine Toilette mit Spülung sogar. Das ist echter Luxus, denn bis jetzt musste ich immer Wasser mit dem Eimer nachgießen...
Allerdings traf mich kurz vor dem Schlafengehen noch fast der Schlag, als ich auf der Anrichte eine ca. 6 cm große Küchenschabe sah. Zu der Größe muss man aber
nochmal ca. genauso viel für die langen Fühler hinzurechnen. (erinnerte mich an div. Mutproben im Dschungelcamp) Zum Glück war mein Mann da, der das Geschöpf gnadenlos in der Toilette versenkte. Er war sich sicher, dass das ein Einzelgänger war und nicht Teil einer ganzen Kompanie. Ruhig schlafen konnte ich trotzdem nicht...

Ein ereignisreicher Tag

Gestern war ein abwechslungsreicher und interessanter Tag für mich. Bis jetzt habe ich ja meistens nur ein paar Übersetzungen erledigt, aber gestern Morgen bin ich dem kath. Erzbischof i.R. vorgestellt worden. Er ist 81 Jahre alt (Togoer natürlich) und wollte unbedingt wissen, woher in Deutschland ich denn komme. Es ist unglaublich, aber er war schon 3 oder 4 mal in unserem schönen Örtchen und liebt unseren guten Rotwein!!! :o)))

Nachmittags habe ich einige Patenkinder kennengelernt, bei denen bald die Patenschaft ausläuft. Wir haben überlegt, wie es bei ihnen weitergeht, ob sie studieren oder eine Ausbildung machen etc. Je nach dem wird beantragt, die Unterstützung noch zu verlängern.
Und noch etwas Besonderes war gestern: Ich habe meine erste Patenschaft beantragt. Es geht um eine Frau, deren 1. Kind behindert ist, weil sie bei der Geburt alleine zuhause war. Das zweite ist 3 Jahre und das dritte 2 Monate alt. Der Mann nimmt Drogen und vergewaltigt und schlägt die Frau. Sie ist schwach und hat zu wenig Milch für das Baby. Man könnte sich fragen, warum bleibt sie bei so einem Mann? Sie hat erklärt, dass ihre Familie sie wg. dem behinderten Kind nicht mehr aufnehmen wollte! Voll krass!!!
Ich hoffe innigst, dass sich für das 3-jährige Mädchen ein Pate findet...
Es gibt natürlich auch fast jeden Tag Leute, die mit Problemen hierhin kommen, die noch weitere 6 Millionen Togoer auch haben. Da muss man gut abschätzen und entscheiden können...

Anschließend war auf einmal ein großes Tohuwabohu (oder wie schreibt man das?) und alle sind ins Lager gelaufen. Ein Container aus Deutschland war angekommen, voll mit Spenden, diesmal mit Krankenhauszubehör. Kindergitterbetten, Matratzen, OP-/Patienten-/Besucherkittel, Bettwäsche, Handtücher, Baby-Nahrung, Kleidung... Außerdem viele Kartons und Päckchen für die Patenkinder. Es ist unglaublich, wie viel in so einen großen Container reinpasst. Zum Glück waren es viele Hände - schnelles Ende.
Abends ist noch ein befreundeter Mode-Designer/Schneider bei mir vorbei gekommen, um meine Maße (streng geheim!!!) für 2 traditionelle Kleider zu nehmen. Ich hoffe, er braucht nicht zu lange dafür, denn ich freue mich schon total darauf! ;o)

Mein Alltag 

Wie sieht eigentlich mein Alltag so aus?
Also morgens ist erst mal eine Dusche fällig, denn es kühlt nachts auch nicht wirklich ab. Zwar habe ich einen tollen Ventilator, den ich auch manchmal nachts laufen lasse, wenn es allzu extrem ist, aber dann brennen manchmal morgens meine Augen vom ständigen Windzug. OK – ich krabbel also aus meinem Moskitonetz und dusche gezwungenermaßen kalt (was ja aber auch nicht schadet!), mit Seife und einem "Rubbel-Netz", mit dem man außer Schweiß, Sand und Dreck auch super Hautunreinheiten und auf Dauer auch Horn beseitigt kriegt. Dabei kann man schon mal die eine oder andere Moskito erschlagen… Auch die schmutzige Wäsche, die ich abends eingeweicht habe, wasche ich auf der Hand und hänge sie auf dem Balkon auf, wo ich mir provisorisch eine Leine gespannt habe.

Dann koche ich auf dem Herd im Flur/Balkon Wasser für meinen Kaffee oder Milo (Kakaopulver mit div. Zutaten und Vitaminen). Zum Büro brauche ich nur die Treppe runter zu gehen und kaufe dort zwischen Übersetzen und wkw bei einer "fliegenden Händlerin" ein Baguette mit Mayonnaise (Konservenware, deshalb kein Problem); die anderen Zutaten sind mir zu gefährlich. Man soll ja die Regel "Cook it, peel it or leave it" beachten! Mittags kommt eine andere Frau mit Bohnen (Kerne) und Spaghetti mit scharfer Soße. Wenn ich mittags oder abends nicht koche, kaufe ich mir so etwas. Es gibt aber auch eine Fufu-Bar und eine Bäckerei in der Nähe! ;o)

Auch kleinere Geschäfte, Straßenstände und einen Markt kann ich zu Fuß erreichen. So langsam habe ich auch die Preise einigermaßen im Kopf, so dass ich mich i.d.R. nicht übers Ohr hauen lasse. Man muss nämlich wissen, dass es hier "schwarze" und "weiße" Preise gibt. Das hat nicht etwa was mit dem Schwarzmarkt zu tun, sondern der Hautfarbe. Wenn die Händler einen Weißen "Yovo" sehen, wird gleich megamäßig draufgeschlagen! (also auf die Preise natürlich, nicht auf den Yovo!) Ebenso machen es die Taxi-Fahrer, bei denen man auf alle Fälle den Preis für eine Fahrt vorher aushandeln soll! So habe ich gestern statt 3000 nur 2000 FCFA bezahlt (ca. 3 €).

Nach der Arbeit, bei der man übrigens nicht so genau auf die Uhr schaut, sondern eher unbezahlte Überstunden macht, koche ich mir meistens was und höre Musik. Wenn ich Glück habe, ist das Modem noch nicht ausgeschaltet (Netzwerk) und ich kann noch ins Internet. Einen Fernseher habe ich leider (noch?) nicht, deshalb habe ich hier die "Chance", mich mit sinnvolleren Dingen wie Sprachenlernen u.a. zu beschäftigen.

Wenn ich dann müde ins Bett falle, singt mich eine Grille in den Schlaf, die sich im leer stehenden Nachbarzimmer eingenistet hat. Einen Abend habe ich versucht, sie zu fangen und in den Garten zu befördern, bin aber kläglich gescheitert. Inzwischen habe ich mich irgendwie mit ihr angefreundet…  :o)

Nachtrag zu "Mein Alltag" 

Habe gar nicht die Dusche am Abend erwähnt, die natürlich unverzichtbar ist! Nur, dass nicht irgendjemand auf die Idee kommt, ich ginge mit schwarzen Füßen und Sand in den Ohren ins Bett! ;-)
Und ich habe "Heinrich" vergessen zu erwähnen, der mich jeden Morgen aufweckt, noch ehe der Wecker klingelt. Heinrich ist der Hahn aus der Nachbarschaft, dem ich spontan diesen Namen gegeben habe, ich finde das passt irgendwie.
Ich glaube, ich werde mir auch einen Namen für die Grille überlegen, das scheint ja doch eine dauerhafte Verbindung zu werden. Welche Lebenserwartung haben Grillen denn eigentlich???

Fußball-Frösche 

Ach ja, und da sind noch die Chor-Kollegen meiner Grille: Im Garten sind Frösche...
Man kann ja die Größe von Tieren im Allgemeinen an der Höhe der Stimme erkennen. Wenn ein Hund bellt, hört man ungefähr, ob es sich um einen Bernhardiner oder einen Rehpinscher handelt. Also Leute, ich kann euch sagen, wenn das stimmt, dann sind die Frösche im Garten so groß wie Fußbälle!!!    :o)))

 Der (Straßen-!) Verkehr in Lomé 

WOW- heute war es das erste Mal, dass ich allein durch Lomé gefahren bin und hab tatsächlich den Weg zu meiner "Schwiegerfamilie" gefunden! Ich durfte unseren vereinseigenen Toyota (Togo = Toyotaland!) nehmen, der normalerweise dem Chef vorbehalten ist, aber da der z.Zt. anderweitig verreist ist, hat er mir den Schlüssel und die Fahrgenehmigung gegeben! ;o)

Ich kann euch sagen, das ist echt eine Herausforderung. Zwar war das Auto einwandfrei (bis ich wieder zurück kam…), aber die fahren ja hier als wenn es keine Regeln gäbe. Hier herrscht nur das Recht des Stärkeren. Also in der Hierarchie: Lkw>Pkw>Moped>Fahrrad>Fußgänger. Das Einzige, wofür eigentlich alle bremsen sind Hühner und andere Haustiere, die auf der Straße rumlaufen, denn Nahrungsmittel haben natürlich alleroberste Priorität! Aber das kommt auf den Hauptstraßen eigentlich nicht vor.

Man muss also zwischen Taxen, die plötzlich anhalten oder losfahren und Mopeds links und rechts auf die teils riesigen Straßenlöcher achten und dabei seine geplante Route nicht aus den Augen verlieren. Die Löcher sind zum Teil echt der Wahnsinn, vielleicht 20 cm tief und die Größe variiert von Tellergröße bis zu einer Fahrbahnbreite. Man muss also spontan entscheiden, ob man rechts oder links vorbeifährt oder das Loch zwischen die Räder nimmt oder doch lieber ganz abbremst, um ganz langsam hindurch zu fahren. Und dann gibt es noch die "Hubbel" auf der Straße, die bewirken sollen, dass man langsam fährt. Bei uns gibt es so was ja nur in Nebenstraßen, aber hier haben sie die auch auf Hauptverkehrsstraßen gemacht. Wenn man da noch Mitfahrer dabei hat, setzt man auch oft mit dem Auspuff auf.

Ach ja und an manchen Stellen haben die Militärs aus Lkw-Reifen so eine Art "Slalom-Strecke" gebaut, damit man langsam fährt. Nachts machen sie dann auch Kontrollen und versuchen, ein Trinkgeld heraus zu feilschen.

Auf jeden Fall war ich total stolz, als mir zwei Moped-Fahrer an einer total überfüllten Kreuzung zugerufen haben: "Yovo?!" und haben mir den Daumen nach oben gezeigt! :o)))    Für die nächsten 100 m konnte ich das Grinsen nicht mehr sein lassen!

Aber was der Hammer war:
Wie schon zuvor kurz erwähnt, war ja das Auto an sich ja ok – bis ich wieder "zuhause" ankam… Ich stieg aus, als ich plötzlich ein lautes Pfeifen und Zischen hörte. Es kam vom rechten Vorderreifen und das Ventil war rausgeflogen, so dass die Luft mit großem Druck heraus strömte! Zum Glück ist das erst dort passiert und nicht unterwegs, denn es begann auch schon zu dämmern und im Dunkeln sollte eine Yovo nicht mehr alleine unterwegs sein. Ich nahm schnell das Ventil und stopfte es in die Öffnung und o Wunder – es hielt! Im Büro war glücklicherweise noch mein Kollege, der das Auto gleich zum benachbarten Mechaniker brachte… Akpé na Mawu!!! ("Danke an Gott" oder Gott sei Dank in Mina, der Sprache des Südens)

Gibt es Zufälle? 

Also manchmal ist das Leben echt komisch...
Gestern war ich mit meinem Chef zu einer Diplom-Feier eingeladen. Ein Patenkind hat ihre Ausbildung zur Hebamme erfolgreich abgeschlossen.
Wir mussten noch etwas warten, bevor es losging und so unterhält man sich halt über dieses und jenes. Mein Chef fragte mich, ob ich denn schon gehört hätte, dass das Mädchen mit ihrer Familie in Deutschland war, aber abgeschoben wurde...
Dabei fiel mir eine Reportage ein, die ich vor einiger Zeit in ARD oder ZDF gesehen hatte. Sie trug den Titel "Die Weggeworfenen" und erzählte von einer togoischen Familie, die seit 13 (?) Jahren in D. lebte, beide Eltern arbeiteten und konnten ihre 9 Kinder selbst versorgen. Sie waren aber nur in D. "geduldet". Schließlich wurden sie eines frühen Morgens von der Polizei abgeholt und nach Togo abgeschoben. Nur der Vater konnte in D. bleiben, weil er schwer krank ist. Jetzt ist er also noch in D. und die 9 Kinder mit ihrer Mutter in Togo...
Die Kinder mussten Französisch und die einheimische Sprache erst lernen und fühlen sich als Deutsche...
Naja, eine schlimme Geschichte und mein Chef meinte: "Ich kenne die Familie, vielleicht können wir sie später besuchen gehen!" Das war ja schon mal cool, aber stellt euch vor, keine 2 Minuten später kommen 3 Schwestern dieser Familie zu der gleichen Diplom-Feier!!! Unglaublich...
Ich habe sie sofort darauf angesprochen und wenn die Feier nicht gewesen wäre, hätten wir sicher stundenlang gequatscht.
Sie sind supernett und wir haben sie anschließend noch "nachhause" gefahren. Ich werde mich bald mal mit ihnen treffen, dann kann ich mich mal ganz normal in Deutsch unterhalten! ;-)
P.S. Man kann den Beitrag noch anschauen: Familie Kpakou

Eine traurige Geschichte                                       

Eben war ein Mann hier, (ich hatte gerade fröhliche Musik laufen) und mein Kollege erzählte mir, dass der Sohn dieses Mannes an einer Nieren-Insuffizienz litt und er musste dringend zur Dialyse. Da die Familie aber nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügte, hat man Paten gesucht und gefunden, die diese Behandlung finanzieren. Aber noch bevor die erste Rate ausbezahlt werden konnte, ist der Junge (10 Jahre) gestorben...    :-(

Spontane Einladung 

Heute Mittag wurden meine Kollegen und ich spontan bzw. ohne Vorankündigung vom Chef zu ihm nachhause zum Essen eingeladen.
Es gab zunächst gegrilltes Schweinefleisch mit Gemüse aus grünen Bohnen, Kohl und Kartoffeln, als zweiten Gang dann Fufu mit Sauce Blanche, einer klaren Soße mit Kochfisch und Gemüse, herzhaft gewürzt. hmmmm.....
Beim vorangegangen Gebet ließ der Chef uns wissen, dass er mit seiner Frau den 4. Hochzeitstag feiert und dass dies eine Art "Dankbarkeitsessen" oder "Opfergabe" ist, um Gott zu danken.
Auch eine schöne Geste, finde ich...

Bin ich jetzt wichtig?                                                                                                 

Eigentlich gibt es momentan nichts Außergewöhnliches zu berichten, außer, dass ich heute meine ersten offiziellen Visitenkarten bekommen habe: "Assistentin des Repräsentanten in Togo" - wow - ich komme mir jetzt irgendwie so wichtig vor...    ;-)

Gibt es Krieg???

Diese Nacht, zum frühen Morgen hin, hörte ich neben Heinrichs Krächzen (er ist wohl erkältet...) und vereinzeltem Vogelgezwitscher etwas, das mich zunächst an ein Feuerwerk erinnerte, das man an der Ahr manchmal über die Berge aus den benachbarten Weindörfern hört. Aber ich sagte mir: Du bist in Togo und nicht an der Ahr! Für Feuerwerk hat man hier kein Geld und bestimmt nicht um diese Zeit. Es hörte sich an wie Kanonenschläge oder dicke Böller aus der Ferne. Ein Gewitter hört sich auch anders an. Da hier die Grenze zu Ghana nur wenige Kilometer (wenn überhaupt) entfernt ist und das Gelände dahinter laut Google Earth kaum besiedelt ist, dachte ich mir, da muss ein Bürgerkrieg ausgebrochen sein oder man kämpft gegen irgendwelche Rebellen... Ich hatte mir schon ausgemalt, wie die Rebellen hierher nach Togo flüchteten und hier bei uns im Haus, in MEINEM ZIMMER Unterschlupf suchen...   Etwa mit Sonnenaufgang war es dann still. 

Das hat mir natürlich keine Ruhe gelassen, also habe ich dann heute Morgen als allererstes meine Kollegen gefragt, ob sie irgendeine Idee haben, was da los war. Unser ältester und an Erfahrungen wohl reichster Kollege hat uns allen dann erklärt, dass es in Ghana wohl eine Tradition gibt, einen Toten mit Salutschüssen zu verabschieden, bevor man ihn beerdigt.
Das ist natürlich traurig für die betroffene Familie in Ghana, aber mein Zimmer und ich sind erst mal gerettet…  

Die Sache mit dem Lügen

In einer anderen Gruppe habe ich folgenden Beitrag geschrieben, als es um die unglaublichen Ausreden der Afrikaner ging:
Ok - die Sache mit der Treue bzw. Untreue ist ein Kapitel für sich... Aber was die Lügen angeht:
Anfangs hatte ich das Gefühl, dass unsere Kinder hier beigebracht bekommen, dass man nicht lügen darf und dass die Kinder in Afrika lernen, wie man am besten lügt, ohne dass es auffällt...
Jetzt habe ich aber auch gelernt, dass Afrikaner, besonders wenn Sie aus einem diktatorisch geführten Land kommen (und das sind ja die meisten – auch wenn sie sich "Demokratie" nennen), Lügen lernen müssen, um zu überleben. In solchen Ländern darf man nicht immer die Wahrheit sagen! Das fängt als Kind zuhause an: Wenn du als Kind was falsch gemacht hast und das kommt raus, wirst du geschlagen (und frag nicht nach Sonnenschein!) und/oder du bekommst nichts zu essen, oder man wendet andere Maßnahmen an... Wenn du als Jugendlicher/Erwachsener was falsch gemacht oder gesagt hast, spürst du schnell die Schlagstöcke und/oder landest im Arrest und das ist in Afrika nicht lustig!

Ein Bekannter von mir war mal nur 2 Stunden im Gefängnis, weil er die Wahrheit gesagt hat, um seine Schwester zu beschützen. Er war mit mind. 10 anderen in einem kleinen Raum ohne Fenster ohne Inventar, mit einem Eimer in dem sich schon allerhand an Exkrementen angesammelt hatte. (Die aeroqualitative Situation kann sich wohl jeder vorstellen...)  Wer Glück hat, dem bringt einer aus der Familie was zu essen und sauberes Wasser zum Trinken. Das nur mal zum Verständnis. Eine Umerziehung braucht da viel Zeit und Geduld.

Ein neuer Dorfchef 

Vorgestern waren wir zu einer besonderen Zeremonie anlässlich der Inthronisation eines neuen Chefs eingeladen. Und zwar in einem abgelegenen Dorf nahe Kpalimé, das im Westen Togos liegt. Die Ghanaische Grenze war also nicht weit entfernt. Nach ca. 2 Stunden Fahrt durch eine in saftigem grün bewaldete, hügelige Landschaft kamen wir mit dem bejahrten VW-Bus Gott sei Dank ohne Probleme an. Man empfing uns freundlich im Haus des neuen Chefs, wo sich schon die wichtigsten Leute und die Ältesten (was hier ja fast ein und dasselbe ist) versammelt hatten. In dem runden Empfangssaal strahlten einem historischer Goldschmuck und grellbunte Kenté-Stoffe entgegen und jeder machte eine Runde, um alle Anwesenden gebührend (mit Verbeugung) zu begrüßen.

Im Hof spielte eine 6-Mann-Kapelle nach "Holländer-Manier" (die Musiker unter uns wissen, wovon ich spreche) getreu dem Motto "je lauter desto besser", so dass ich mich tatsächlich fast in Weinfeststimmung versetzt fühlte. Besonders, als es plötzlich mit "Gloria in excelsis Deo" losging! Unglaublich!
Schließlich setzte sich alles in Bewegung und man zog zum buntgeschmückten Festplatz, wo ein großes Zeltdach und viele Stühle aufgebaut waren. Man wies mir einen Platz in der ersten Reihe links außen an, so dass ich noch den letzen Sessel der Reihe bekam. (Gleich nebenan standen die Plastikstühle!) Das war eine große Ehre für mich, denn ich hatte quasi den gleichen Sitz wie die Chefs der Region und der extra nebst Sicherheitsgefolge angereiste Minister! Traditionell gekleidete und bemalte Jung(?)-Frauen brachten Geschenke und ließen sich zu Füßen der Honoratioren nieder. Zur eigentlichen Zeremonie wurde im Kreise der Reporter und Dorfbewohner so einiges gemurmelt und ich konnte durch die Menge hindurch ein Schnapsglas erspähen. Näheres blieb mir leider verborgen… Anschließend wurde ein Schaf getötet und Reden gehalten.

Plötzlich zog mich jemand von meinem Platz. Ich müsste unbedingt mitkommen, um eine andere traditionelle Zeremonie zu sehen und zu fotografieren. Nicht weit vom Platz kam eine lumpig braun-rot bekleidete Gruppe von Männern und Frauen gezogen. Sie machten sich auf den Weg zum Haus des Chefs, um bestimmte Riten abzuhalten. Sicher ist, dass hier irgendwelche Zaubereien und Geister-/Ahnenbeschwörungen mit im Spiel waren.

Die Gruppe bestand aus Sängern mit diversen Rasseln und Glocken sowie Trommlern. Die Hauptrolle spielten aber wohl 4 Männer: einer mit einem Bastrock bekleidet; einer der ein Huhn mit dem Mund trug (also der Kopf des Huhns war in seinem Mund); ein anderer trug einen irdenen Wasserkrug auf dem Kopf und verspritze das Wasser in tanzenden Bewegungen. Er wurde von jemand anderem ständig an der Leine gehalten und gebremst, wenn er auf die Leute zugehen wollte; der vierte hatte Ziegenhörner an seinem gehäkelten Hut befestigt und schien unter irgendwelchen Drogen zu stehen. Unterwegs zog man die tote Ziege, der anscheinend die Hörner mal gehörten aus einem Sack. Ihre Schädeldecke war geöffnet und der "Ziegenmann" biss hinein…

An meiner Seite war ständig der Mann, der mich gerufen hatte, um mich zu beschützen. Die Sache war wohl nicht ganz ungefährlich, denn normalerweise darf man so etwas nicht fotografieren und einige der Männer hatten Messer dabei. Mir sind auch einige böse Blicke zugeflogen, aber Andere wiederum waren froh, fotografiert zu werden und haben ihre Späßchen mit mir gemacht. Später habe ich erfahren, dass es im Dorf wohl einen Streit zwischen zwei alteingesessenen Familien gibt, die seit vielen Jahren um die Macht im Dorf kämpfen. Deshalb vollzog man diese Zeremonien, um die "königliche Familie" zu beschützen.

Wieder im Haus angekommen, gab es nach Personenkontrolle am Eingang für alle zu essen und zu trinken, es kamen noch zwei weitere Musikgruppen aus verschiedenen Regionen Togos, es wurde getanzt und das traditionell gebraute Bier "Tchoukoutou" floss reichlich...

Im Feriencamp 

Letzten Freitag sind wir nach Lovisa-Copé gefahren, ein Dorf in der Nähe von Kpalimé. Es wurde nach seiner Gründerin benannt, die Französin ist und schon lange dort wohnt.

Eigentlich ist es kein Dorf, sondern eher ihr Zuhause, wo sie sehr viel für die dortige Jugend gebaut hat. Unter anderem eine Schule und Freizeiteinrichtungen. Das ganze Jahr über kommen Kinder und Jugendliche aus ganz Togo dort hin, um in Ferienfreizeiten ihre Alltagssorgen ein bisschen zu vergessen und sich in diversen Fortbildungskursen weiterzubilden. Alles ist mit viel Liebe gemacht und wird so gut es geht nach europäischem Standard auch in Ordnung und sauber gehalten. Das ist auch eine neue Erfahrung für die Kinder, die es wie alle hier gewohnt sind, Müll auf die Straße zu werfen.

Aus Dankbarkeit haben die Bewohner der umliegenden Dörfer die Gründerin zur Königin "Mawulolo I" gekrönt, ganz offiziell und mit allem pi-pa-po! Ihr neuer Name bedeutet "Gott ist groß".

Wir sind also angereist, um mit den Feriengästen gemeinsam den Abschluss zu feiern. Es wurde ein Hammel geschlachtet, verschiedene Soßen und Pâte gekocht. Mit dem Hammelkopf hatte man noch sehr zu kämpfen, da man die Hörner absägen musste, um zum einen diese der Königin zu überreichen, zum anderen um den Rest vom Kopf mit zu kochen. Zum Dessert gab es einen Obstsalat mit frischer Ananas, Mangos, Bananen und Orangen aus dem vorhandenen Garten. Doch zuvor wurde gemeinsam Tischtennis, Fußball und Volleyball gespielt, wo ich unter keinen Umständen nur zuschauen konnte. Es juckte mir in den Fingern, also betrat ich erst recht zögerlich das Sand-Spielfeld, vor allen Dingen, weil ich eine Brille trage (die noch fast ein Jahr halten muss) und seit ein paar Jahren unter Rückenproblemen leide. Schließlich spielten nur diejenigen mit, die schon Volleyball spielen können, u.a. die beiden Soldaten, die das "Königreich" beschützen. Aber es ist kaum zu glauben, am Ende hatten sogar die Männer Angst vor mir…  ;-)

Im Gefängnis 

Heute hatte ich die einmalige Gelegenheit, einmal das Gefängnis von Lomé von innen zu betrachten. Ein deutscher Bekannter und Partner unseres Vereins geht jeden Donnerstag mit ein paar Helfern dorthin, um kranken Gefangenen zu helfen. Es hat zwar keiner von ihnen eine medizinische Ausbildung, aber sie kennen sich einigermaßen mit den üblichen Krankheiten aus und sie können Beipackzettel lesen… Diese laienhafte Hilfe ist immerhin besser als gar keine Hilfe und nur die Schwerkranken kommen ins Krankenhaus, ein Arzt kommt hier nie vorbei.

Heute stand an einer Tafel am Eingang: 1720 Männer, 52 Frauen = 1772 Gefangene.

Und das in einem Gebäudekomplex, der einst von den Deutschen (also vor 1914) für ca. 350 Personen gebaut wurde…

Bevor wir aber dort angekommen waren, haben wir erst mal eine große Tüte Gawu gekauft. Die sehen ähnlich wie Mutzen oder Krapfen aus, werden aber aus Bohnenmehl, herzhaft gewürzt gemacht. Jeder, der zur Visite kommt, bekommt zwei davon geschenkt. Das ist schon ein kleines Festmahl, wenn man bedenkt, dass das Essen zwar von den Gefangenen selber gekocht wird, aber kaum Zutaten dafür bereitgestellt werden. Und es gibt nur eine Mahlzeit am Tag.

Den Kranken, die in kleinen Gruppen in das winzige "Behandlungszimmer" kommen, in dem jegliche Hygiene fehlt, werden meist Tabletten gegen Malaria, Fieber oder Schmerzen gegeben. Oder aber Salben und Cremes für Hautausschläge oder Augenentzündungen.

Alles wird in Stücke von zerrissenen Beipackzetteln eingepackt und muss für eine Woche reichen. Auch wird alles penibel aufgeschrieben, damit man genau nachvollziehen kann, wer welche Behandlung bzw. Medizin bekommen hat, um evtl. in der kommenden Woche die Dosis anzupassen, besonders bei Bluthochdruck, der auch gemessen wird. Leid getan hat mir der Mann, der mit Asthma gekommen ist und dessen Spray leer war. Leider hatten wir auch keins und konnten auch nach diversen Telefonaten keins auftreiben. Ich hoffe, es geht ihm immer noch gut…

Im November wird ein Zahnarzt aus Deutschland anreisen und für eine Weile in Kpalimé arbeiten. Für einen Tag kommt er dann auch hier im Gefängnis vorbei, um unter Nutzung eines mobilen Behandlungsstuhls so einige Zähne zu ziehen, da unter diesen Bedingungen leider nicht viel mehr möglich ist. Und was raus ist, tut nicht mehr weh…

Nachdem wir 39 Patienten in dem kleinen Raum im Vorhof behandelt hatten, stand nun noch der Besuch der aktuell vier Tuberkulose-Kranken auf dem Programm. Die sind in einem abgelegenen Bereich im Gefangenen-Trakt untergebracht. Die Soldaten gewährten uns also - da schon bekannt- Einlass durch ein schwarzes eisernes Tor, das mich ungemein an ein altes Burgtor erinnerte. Hinter uns knallte der Riegel wieder ins Schloss und beim Anblick der unzähligen Männer, die mich plötzlich anstarrten lief mir ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Aber ich sagte mir: Kerstin, du wolltest es so! Also heftete ich mich an die Versen meines Bekannten, hinter dessen breiten Rücken ich mich einigermaßen sicher fühlte, denn innerhalb dieser Mauern gab es keine Soldaten und keine Polizisten. Hier im Innenhof leben die Gefangenen ganz unter sich und ich kam mir fast vor wie auf dem großen Markt in Lomé. Nur fehlten hier die Frauen! Hölzerne Stände waren dicht an dicht gebaut und man verkaufte alles, was man dort so braucht. Das triste Bild von Grau- und Schwarztönen wurde von grellem Rot der Tomaten und grünen Pfefferschoten unterbrochen. Von Seife über Flip-Flops bis hin zu Kohle konnte man hier alles kaufen – sofern man über das entsprechende Kleingeld verfügt! Und das haben hier längst nicht alle. Aus allen Ecken hörte man "Yovo"-Rufe (Weiße), aber anders als sonst auf der Straße bin ich hier nicht darauf eingegangen. Ich dachte an all die Männer, die z.T. schon viele Jahre dort waren und dementsprechend auch Verlangen nach einer Frau hatten…

Aber wir sind auch ohne Begleitschutz gut bei den Tuberkulose-Kranken angekommen, die im Prinzip nur gewogen und nach ihrem Befinden gefragt wurden. Die medizinische Versorgung erfolgt durch eine andere Organisation, aber mein Bekannter lässt ihnen jeden Morgen einen besonders nahrhaften Brei zukommen, den eine Frau aus der dortigen Nachbarschaft extra zubereitet. Denn diese Patienten haben immer Appetit, magern aber trotzdem stark ab, daher ist eine gute Ernährung für sie besonders wichtig.
Sie haben auch die letzten Gawu bekommen, über die sie sich besonders gefreut haben.

Ich konnte ihnen nur ein Lächeln schenken, aber ich hatte das Gefühl, dass tat mindestens genauso gut…

Wieder ein Container 

Es ist wieder ein Container mit Spenden hier angekommen. Diesmal voll mit Schulmaterial, Schulranzen, Medikamenten, Rollatoren und Rollstühlen sowie unendlich vielen Hilfsmitteln für Krankenstationen und Kinderheime.
Ein großes D A N K E S C H Ö N an alle, die dazu beigetragen haben, sei es mit einer Sach- oder Geldspende für den Container!
Die Menschen hier sind soooo dankbar und z.T. wirklich auf Spenden angewiesen. Auch die vielen Patenschaften sind unglaublich wichtig. Es gibt so viele Familien, die sich die Kosten für den Schulbesuch ihrer Kinder einfach nicht leisten können. Man muss ja neben der vorgeschriebenen Schulkleidung, dem Schulmaterial und evtl. einem Hauslehrer auch die "Arbeitskraft Kind" berücksichtigen, die zuhause wegfällt. Wenn beide Eltern arbeiten gehen (sofern vorhanden), müssen die Kinder sich um Haus, Hof, die jüngeren Geschwister und vielleicht Oma und Opa kümmern. Nebenbei verkaufen sie zuhause oft noch irgendwelche Dinge, z.B. Saft oder Gebäck, das die Mutter schon früh morgens zubereitet hat. Wenn so ein Kind dann zur Schule geht, kommen einige Probleme auf die Familie zu...

Ramadan-Ende 

Gestern haben die Muslime das Ende des Fastenmonats Ramadan gefeiert und ich war herzlich eingeladen.
Ich finde es toll, dass hier Muslime und Christen (u.a.) noch gemeinsam und ganz selbstverständlich feiern können, sogar religiöse Feste. Das gilt übrigens auch für Weihnachten und andere Anlässe.
Ist das nicht schön? Warum kann das nicht überall auf der Welt so sein???

Heinrich ist tot!

Heinrich der Hahn war gestern entflogen, doch man hat ihn tatsächlich irgendwo auf der Straße wiedergefunden. Jetzt fand er sein schnelles Ende im Kochtopf in einer "Sauce Blache" ("Weiße Soße"). 
Naja obwohl - "schnelles Ende" ist wohl übertrieben, denn es war ein 15-jähriger Junge, der zum ersten Mal ein Federvieh tötete. Eigentlich machte er alles richtig, nur leider war das Messer total stumpf, so dass das arme Tier fast erstickt anstatt ausgeblutet wäre. So kam dann mein japanisches Kochmesser, das ich mir eigens für Togo zugelegt hatte zu seinem ersten Einsatz.

Natürlich habe ich alles ebenso wie die Zubereitung der leckeren Soße (eine Art gut gewürzte kräftige Hühnerbrühe) fototechnisch festgehalten! Dazu gab es Fufu aus den besten Yamswurzeln Togos, die aus der Region Bassar kommen. Und ich war eingeladen - hmmm lecker!

Alles normal 

Im Moment ist es sehr ruhig und "normal" um mich herum und ihr wisst ja, dass ich nichts erfinde! Aber die Sterne stehen gut, dass ich bald wieder was berichten kann, denn große Ereignisse werfen ihre Schatten unter die Augen...

Eins könnte ich vielleicht noch erzählen:

In dem großen Baum vor dem Haus haben sich seit einiger Zeit große Fledermäuse niedergelassen oder ich vermute, dass es Flughunde sind. Ihre Spannweite schätze ich auf ca. 50 cm und nachts streiten sie sich lautstark um die Baumfrüchte, die wohl für Menschen ungenießbar sind. Ab und zu fällt eine von diesen harten Früchten auf ein Wellblechdach unterhalb des Baumes, was auch nicht gerade schlaffördernd ist...

Und ich hatte ja zuvor von den Fußball-Fröschen erzählt. Bei uns im Garten gibt es aber anscheinend mindestens zweierlei Frösche bzw. Kröten. Die die so laut quaken, das sind die großen, aber vor dem Haus hüpfen abends manchmal kleine Frösche herum. Eine Praktikantin, die bei uns eine Nacht verbracht hat, wollte einen davon fangen, um ihn sich mal näher anzuschauen, aber zu seinem Glück bzw. zu unserem Glück -wie sich später herausstellte- war er zu schnell für sie und verschwand im dunklen Gebüsch. Mein Kollege hat mir am nächsten Tag erklärt, dass die großen Frösche mit den großen Sprüngen nicht gefährlich sind, aber die kleinen Frösche, die die kurzen schnellen Sprünge machen sind wohl giftig. Wenn die einen beißen, muss man sofort ins Krankenhaus. Soweit ich weiß haben Frösche ja keine Zähne, daher vermute ich, dass es ihr Schleim ist, der giftig ist...  upssss Da haben wir ja noch mal Glück gehabt! 

Religion 

Morgens ist es hier echt "seltsam"… Es sind nicht nur die ganzen Tierstimmen von Hähnen, Vögeln, Perlhühnern, Hühnern, Fröschen, Grillen und Hunden, die morgens so nach und nach die Geräuschkulisse bilden. Aus der unmittelbaren Umgebung ertönt früh morgens (hab noch nicht dran gedacht, mal auf die Uhr zu schauen) erst mal der Ruf vom Minarett zum muslimischen Gebet – und das gleich aus mehreren Ecken in verschiedenen Versionen. Denn es gibt sehr viele Moscheen in Lomé und jeder Muezzin hat seinen eigenen Gesangsstil. (Darf man hier von Gesang sprechen?) So gegen 6h30 fängt dann im Nachbarhaus jemand an, mit kräftigem Rasseln durch und um das Haus zu gehen, so als ob er irgendwelche Geister vertreiben oder herbeirufen will. Auch ein seltsames Gemurmel ist manchmal zu hören, das mich an beschwörenden Singsang von indianischen Schamanen erinnert. Sonntags, aber auch öfters während der Woche melden sich dann die Christen zu Wort. Ab ca. 7h30 (Ende offen) tönt der Gesang aus den ebenfalls zahlreichen Kirchen teils traditionell mit Trommeln und Rasseln, teils mit Schlagzeug und Keyboard. Eins aber ist allen gemein: Laut muss es sein!

À propos Geister und so:
Heute Morgen hatte sich eine Taube in mein Zimmer verirrt und saß leider schon leicht verletzt auf der Gardinenstange. Anscheinend hatte sie schon länger versucht, wieder hinauszufinden und ist dabei mehrmals gegen die Zimmerdecke geflogen. Mein Mann hatte zuerst spaßhaft vorgeschlagen, sie zu braten, hat ihr dann aber doch hinaus geholfen. ;-)
Später meinte er (ernsthaft!), vielleicht hätte sich eine Hexe ins Zimmer geschlichen und als er reinkam hat sie sich schnell in einen Vogel verwandelt. Danach habe ich mir überlegt, ob das mit dem Braten nicht doch ernst gemeint war…

Wieder zurück in Deutschland

Leider ist aus dem Jahr in Togo nur ein halbes Jahr geworden und ich habe dies bewusst selbst verursacht...

Manchmal sind Menschen anders als man denkt und wenn ich irgendwo Ungerechtigkeit wittere, muss ich einfach etwas dagegen unternehmen, zumindest muss ich es versuchen... In diesem Fall war es die (bayerische) Geschäftsführerin unseres Vereins, deren Verhalten einfach inakzeptabel war und wahrscheinlich immer bleiben wird, denn Menschen kann man ja bekanntlich nicht ändern. 

Nachdem ich ihr mitgeteilt hatte, wir ich ihr "Kindergarten-Verhalten" finde, bekam ich am nächsten Tag die Kündigung. Ich bin dieses Risiko bewusst eingegangen, denn ich hatte in der Nacht zuvor stundenlang gegrübelt und bin schließlich zu dem Entschluss gekommen, dass dieser Dame, die sich anscheinend für so eine Art Halbgott zu halten scheint, endlich mal jemand Bescheid sagen muss... (natürlich in aller Form und mit jedem Respekt!)
Später hatten übrigens weitere Personen angekündigt, da sie unter diesen Bedingungen auch nicht weiter arbeiten wollten, u. a. mein Chef, der immer so engagiert war. Schade... 

Ich habe noch lange hin und her überlegt, ob ich mir eine andere Arbeit in Togo suchen soll oder doch (auch im Angesicht der kommenden Feiertage) zu meinen Lieben nach Deutschland zurückgehen soll. Schließlich entschied ich mich zu Letzterem... 

Aber trotz allem hat mir die Arbeit dort riesigen Spaß gemacht und ich habe eine unvergessliche Zeit in Togo verbracht. Ich konnte viele Kontakte knüpfen und habe so viele liebe Freunde gefunden, die ich nie vergessen werde und denen ich unendlich dankbar bin für alles... 

So mein Karma es will, werde ich bald wieder nach Togo zurückkehren...

© Kerstin Karba